Kapitelübersicht - Verehrte Natur - Worpswede

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Worpswede    

Käseglocke (Foto: Birgit Nachtwey)

 

Marcusheide (Foto: Birgit Nachtwey)

 

Worpswede Rathaus (Foto: Birgit Nachtwey)

 

Wollgrasblüte im Teufelsmoor (Foto: Nicole Kanning)

 

Wege der Erinnerung

  1. Vorgeschichte
  2. Das Leben im Moor
  3. Künstlerkolonie, Weltdorf, neues Paradies
  4. Vom niederdeutschen Mythos zum Nationalsozialismus – ein Tabu?
  5. Ein Ort der Außenseiter, Lebensreformer und Revoluzzer
  6. Von der Künstlerkolonie zum Touristenmagnet
  7. Worpswede – ein transnationaler Erinnerungsort

 

Verwandte Themen

Der romantische Rhein, Die Blaue Blume, Heimat, Die Lüneburger Heide, Die Obstbaukolonie Eden

 

Literatur

Björn Bischoff, Worpswede A–Z – das Künstlerdorf. Bremen 2011, 2. überarb. Aufl.

 

Guido Boulboullé, Michael Zeiss (Hrsg.), Worpswede. Kulturgeschichte eines Künstlerdorfes. Köln 1989.

 

Ulrich G. Großmann(Hrsg.), Künstlerkolonien in Europa. Im Zeichen der Ebene und des Himmels, Katalog zur Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg vom 15.11.2001 – 17.2.2002, Nürnberg 2001.

 

Ferdinand Krogmann, Worpswede im Dritten Reich 1933-1945. Bremen 2012.

 

Landkreis Osterholz (Hrsg.), Worpswede 1889-1989. Hundert Jahre Künstlerkolonie. Worpswede 1989.

 

Jürgen Meyer-Korte u. Rolf Metzing (Hrsg.), Worpswede. Osterholz-Scharmbeck 1978.

 

Arn Strohmeyer, Kai Artinger, Ferdinand Krogmann (Hrsg.), Landschaft, Licht und niederdeutscher Mythos. Die Worpsweder Kunst und der Nationalsozialismus. Weimar 2000.

 

Fußnoten

[1] Rainer Maria Rilke, Worpswede: Monographie einer Landschaft und ihrer Maler, S. 27. Hier zitiert nach: Kulturgeschichte eines Künstlerdorfs, S. 38.


[2] Johann Georg Kohl, Nordwestdeutsche Skizzen 1864. Stuttgart 1990, S. 241.

 
[3] Karl Lilienthal, Jürgen Christian Findorffs Erbe: Ein Beitrag zur Darstellung der kolonisatorischen und kulturellen Entwicklung der Moore des alten Herzogtums Bremen. Osterholz-Scharmbeck 1931, S. 68.

 

[4] Zit. nach: Meyer-Korte, Jürgen u. Rolf Metzing, Worpswede. Osterholz-Scharmbeck 1978, S. 11.

 

[5] Ludwig Fischer, Die ästhetische Entdeckung des Moors in Literatur und Kunst. Referat auf der Tagung "Moorschutz ist Klimaschutz" BfN Naturschutzakademie Insel Vilm, 30.3. bis 1.4.2009. Online unter: http://www.euronatur.org/ uploads/media/Entdeckung_des_Moors _in_Literatur_und_Kunst _Univ_HH_02.pdf [Stand: 11.04.2012].

 

[6] Arn Strohmeyer, Kai Artinger, Ferdinand Krogmann, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Landschaft, Licht und niederdeutscher Mythos. Die Worpsweder Kunst und der Nationalsozialismus. Weimar 2000, S. 9.

 

[7] Fachbereich Stadt- und Landschaftsplanung der Gesamthochschule Kassel (Hrsg.), Leberecht Migge 1881-1935: Gartenkultur des 20. Jahrhunderts. Worpswede 1981, S. 124.

 

[8] Karl Veit, Worpswede im Teufelsmoor bei Bremen, in: Wietek, Gerhard (Hrsg.), Deutsche Künstlerkolonien und Künstlerorte. München 1976, S. 113.

 

[9] Boulboullé/Zeiss, Kulturgeschichte eines Künstlerdorfes, S. 180.

 

[10] http://www.worpswede.de/.

 

Bildnachweis

Der Barkenhoff in Worpswede.

Käseglocke (Foto: Birgit Nachtwey).

Marcusweide (Foto: Birgit Nachtwey).

Worpswede Rathaus (Foto: Birgit Nachtwey).

Wollgrasblüte im Teufelsmoor (Foto: Nicole Kanning).

 

"Es ist ein seltsames Land. Wenn man auf dem kleinen Sandberg von Worpswede steht, kann man es ausgebreitet sehen, ähnlich jenen Bauerntüchern, die auf dunklem Grund Ecken tief leuchtender Blumen zeigen. Flach liegt es da, fast ohne Falte, und die Wege, und Wasserläufe führen weit in den Horizont hinein."[1] Mit diesen Worten beschreibt Rainer Maria Rilke in seiner Worpswede-Monographie die skurrile, karge Landschaft des Teufelsmoors bei Bremen. Die im Zuge der Moorkolonisation entstandene und kultivierte Siedlung Worpswede war über Jahrhunderte alles andere als ein kulturell bedeutsamer Ort. Dies sollte sich jedoch gegen Ende des 19. Jahrhundert ändern: Plötzlich rückte das kleine Dorf im Moor in den Fokus der Kunstszene. Am 19. September 1895 lobt die lokale Wümmer Zeitung das neue "Künstlervölkchen": "Die Anwesenheit dieses lustigen Künstlervölkchens bringt natürlich unserem Ort viel Nahrung, ganz abgesehen von dem Ruhm, welcher sich durch die Erfolge der Künstler naturgemäß auch an den Namen Worpswede knüpft." Dass die Lokalzeitung mit ihrer Prognose nicht falsch lag, zeigt sich in den Folgejahren, in denen Worpswede eine große Anziehungskraft auf Maler, Schriftsteller, Musiker und Kunsthandwerker ausübte – sie alle ließen den kleinen Ort zu einem "Weltdorf" werden.

 

 

1. Vorgeschichte

Obschon Worpswede erstmals 1218 urkundlich erwähnt wurde, war der Ort in erster Linie ein Produkt der Moorkolonisation, die um 1750 begann: Unter der Schirmherrschaft des hannoverschen Kurfürsten wurde der "Moorkolonisator" Jürgen Christian Findorff mit der systematischen Trockenlegung, Kultivierung und Bevölkerung des Teufelsmoors beauftragt. Auf diese Weise sollten neue Lebensräume und Anbaugebiete erschlossen und die Wirtschaftskraft Hannovers gestärkt werden. Doch wie kam es, dass gerade Worpswede zum "Biotop" einer neuen Künstlerschaft wurde? Bereits 1864 hebt der Bremer Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl die ästhetische Qualität der rohen Moorlandschaft hervor: "Ich begreife nicht, dass unsere Maler das Leben und Treiben an solchen merkwürdigen Hochmoorhäfen und Torffabrikstätten, die sich überall an den zerfressenen Rändern unserer Hochmoore darbieten, noch so wenig zum Gegenstand von Studien gemacht haben."[2] Der Düsseldorfer Kunststudent Fritz Mackensen, der ab 1884 insgesamt vier Sommeraufenthalte in Worpswede verbrachte, beschloss 1889 endgültig in die Moorkolonie überzusiedeln. Es folgten ihm die Künstler Otto Modersohn, Hans am Ende und Otto Ubbelohde aus ganz Deutschland. Von Anfang an faszinierte Mackensen die Hochmoorlandschaft; 1887 schreibt er an Otto Modersohn: "Wie herrlich es hier ist, lieber Otto, kann ich Dir gar nicht beschreiben [...] Ich sah eine Birkenallee, wie sie nie ein Rousseau gemalt hat. Alte wunderbar geformte Stämme, silbern aus den dunklen Silhouetten herausleuchtend; ein Wassergraben, in dem sich klar ein leuchtend rotes Dach und eine helle durchsichtige Abendluft spiegelt, wie sie Rembrandt auf seinem Schloß auf dem Berge gemalt hat."[3] Wenige Jahre später wurde der Künstlerverein Worpswede gegründet – der Beginn einer langen Künstlertradition in Worpswede.

 

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2. Das Leben im Moor

"Alles war auf das Primitivste eingerichtet; Mahlzeiten, einfach, derb und ergiebig eingenommen, galten als Arbeitsunterbrechung, die das Torfgeschäft verhinderten und darum schnell erledigt wurden. Um 4 Uhr morgens begann die Arbeit. 4 Stunden später wurde gefrühstückt. Meist gab es Buchweizenpfannkuchen, steif und fest wie Leder, Brot und Käse. Nach weiteren vier Stunden, Punkt 12 Uhr, dampfte die Erbsen- oder Bohnensuppe im Topf. [...] Erst um 22 Uhr ist Feierabend. Der letzte Bissen will nicht mehr schmecken."[4] Die Erinnerungen des Moorbauern Karl Lilienthals lassen die harten Arbeitstage im Teufelsmoor um 1900 erahnen. Die anfängliche Prognose des Moorkolonisators Findorffs, man könne eine Anbaustelle in rund 50 Jahren kultivieren, stellte sich rasch als Illusion heraus. So waren nach knapp 75 Jahren seit Beginn der Kolonisation (~ 1750) lediglich 18% des Moors kultiviert; erst Neuerungen im Bereich der Entwässerung und künstlichen Düngung im 19. Jahrhundert begünstigten eine raschere Urbarmachung des Landes. Der zentrale Erwerb der Moorbauern erfolgte durch den Torfverkauf. Der im Frühjahr gestochene Torf wurde getrocknet und über Torfkähne nach Bremen oder Bremerhaven verschifft. Die mühsame und zehrende Arbeit prägte über Generationen hinweg das Leben der Torfbauern. Die von den Künstlern um 1900 so gerühmte "unberührte Natur" Worpswedes war im Grunde genommen das langjährige Ergebnis der Urbarmachung und Kultivierung einer unfruchtbaren Landschaft.

 

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3. Künstlerkolonie, Weltdorf, neues Paradies

Warum wurde gerade ein Moordorf in einer der rückständigsten Landschaften Deutschlands zum Zentrum einer einzigartigen Kunstszene? Die Frage umfasst bereits die Antwort. So schien die schroffe, karge Landschaft des Moors der bürgerlichen Sehnsucht nach unberührter Heimat, Volkstümlichkeit, Bodenständigkeit und Einfachheit entgegenzukommen. Doch war es ja streng genommen keine "unberührte Natur", die die Künstler um 1900 antrafen: Das Teufelsmoor war bereits das Produkt einer landwirtschaftlichen Erschließung durch den Menschen. Ludwig Fischer fasst den ästhetischen Reiz, den das Hoch- und Niedermoor auf Künstler der Jahrhundertwende ausübte, in folgender Doppel-These zusammen: Erstens erfasse die ästhetische Entdeckung des Moors im 19. Jahrhundert gar nicht die "unberührte Natur" des Hoch- oder Niedermoors, sondern richte sich auf das kultivierte Moor, die bereits zivilisatorisch überformte Natur. Zweitens habe diese ästhetische Überhöhung der ersten Stufe, also der vorindustriellen Phase der Moorkolonisierung, mit ihrer agrar-romantischen Tendenz, einen deutlich regressiven Zug.[5] Ebendiese "agrar-romantische Tendenz" schienen die Bilder der ersten Worpsweder aufzugreifen, die infolge der Münchner Kunstausstellung 1895 wie eine Sensation gefeiert wurden – die zeitgenössische Kunstkritik schreibt: "Doch ein prägnantes Beispiel dafür, was ein Künstler erreicht, wenn er sich, fern von allen zerstreuenden Einflüssen, auf ein Ziel konzentriert: sich in eine ihm liebgewordene Natur zu vertiefen, liefert niemand besser als die Worpsweder." Die Worpsweder Kunst um 1900 repräsentierte eine Abkehr von der Seelenlosigkeit der Großstadt durch die radikale Zuwendung zur heimatlichen Gebundenheit. Der Barkenhoff wurde zum Inbegriff der ländlichen, ja paradiesischen Idylle: Heinrich Vogeler nutze sein väterliches Erbe um 1895 den späteren Barkenhoff zu kaufen, den er nach klassizistischem Vorbild umgestaltete. Vogelers Barkenhoff avancierte nicht nur zu einem beliebten Versammlungsort der Worpsweder Künstlerschaft, sondern wurde in zahlreichen Bildern als neues Paradies stilisiert. Obschon die Künstlerkolonie Worpswede kurz nach ihrer Gründung große Erfolge verzeichnete, kam ihr Ende äußerst früh. Die anfängliche Aufbruchstimmung verflachte schon nach wenigen Jahren. Während Otto Modersohn und Fritz Overbeck sich gegenüber avantgardistischen Strömungen öffneten, wandten sich Hans am Ende sowie Fritz Mackensen der völkisch-nationalen Heimatkunst zu. Die ideologischen Spannungen zwischen den Künstlern führten schlussendlich zum Erliegen der noch jungen Künstlerkolonie.

 

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4. Vom niederdeutschen Mythos zum Nationalsozialismus – ein Tabu?

Ist Worpswede ein Ort, der seine eigene Geschichte verdrängt? Diese Vermutung drängt sich auf, findet die NS-Zeit in den meisten Abhandlungen und Ausstellungskatalogen des Künstlerdorfs keine Erwähnung. "Wo Kunst regiert, kann brauner Ungeist nicht herrschen"[6] – das mögen die meisten annehmen, wenn sie an Worpswede und den Nationalsozialismus denken. Dass es um die historischen Fakten jedoch anders bestellt ist, zeigen die Reichstagswahlen am 5. März 1933, bei denen 54 Prozent der Worpsweder Bürger die NSDAP wählten. Und auch Fritz Mackensen, der als der legendäre Entdecker des Moordorfes gilt, gibt sich in einer Rede 1934 als ideologischer Kämpfer für das völkische Kunstideal zu erkennen: "Nach dem Krieg hatte die Kunst ihren Boden verloren, war seelenlos geworden. Die deutsche Kunst kann nicht gesunden, wenn nicht das Volk gesundet. Der Glaube daran ist in uns, am stärksten in den Deutschgläubigen überhaupt, in unserem Führer" (Wümme Zeitung vom 21. August 1934). Dass die Wurzeln für die Affinität zur völkischen-nationalistischen Idee tiefer liegen, zeigt sich in der Auseinandersetzung mit der niederdeutschen Heimatbewegung und dem Kulturpessimismus der Jahrhundertwende – beide stehen in unmittelbarer Verbindung zur Worpsweder Kunst. Die schnell voranschreitende Moderne der "verspäteten Nation" (Helmuth Plessner) äußerte sich im Bürgertum durch eine regressive Gegenreaktion – eine kulturpessimistische, nationalistische Haltung, die sogar den Ruf nach einer konservativen Revolution beinhaltete. Auch die Worpsweder Künstler schienen in dem entlegenen Moordorf das zu finden, was sie in der seelenlosen Großstadt nicht fanden: ursprüngliches Leben, bäuerliches Volkstum, heimatliche Gebundenheit.

 

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5. Ein Ort der Außenseiter, Lebensreformer und Revoluzzer

Obschon sich Worpswede im Laufe der Zeit zu einem "bunten Künstlervölkchen" entwickelte, verschrieben sich die meisten Vertreter einer Kunstauffassung, die sich von den großstädtisch-avantgardistischen Strömungen absetzte. Umso schwerer hatten es expressionistische Künstler, die sich in Worpswede niederließen und durch ihre Experimentierlust zu Außenseitern wurden, dominierte doch Anfang der 30er Jahre bereits die reaktionäre Kunst in Worpswede.
Doch waren es nicht nur unterschiedliche Kunstauffassungen, die in dem Künstlerdorf aufeinandertrafen, es waren auch verschiedene Lebensentwürfe: Angesteckt von den Revolutionsjahren 1918/19 verwandelte Heinrich Vogeler in den 20er Jahren sein kleines Paradies, den Barkenhoff, in eine Kommune. Ziel war es, eine sich selber versorgende Gütergemeinschaft zu schaffen, ohne Privateigentum und Geldverkehr. Reaktionäre Worpsweder wie Fritz Mackensen sahen sich durch von den kommunistischen Umtrieben bedroht und polemisierten heftig gegen die Barkendorff-Kommune. Fehlende finanzielle Mittel, der Druck der Bevölkerung und polizeiliche Durchsuchungen ließen das Kommuneprojekt schließlich scheitern. Worpswede wurde zudem zum Schauplatz eines zweiten Gesellschaftsexperiments, nämlich der Gartenkolonie: Als Leberecht Migge 1919 nach Worpswede kam, strebte er das Ziel an, die grauen Steinwüsten der Großstadt durch Gartensiedlungen zu ersetzen. In seinem "Grünen Manifest" propagiert er: "Die Großstadt braucht Gärten aus Not, und ich glaube auch, daß sie die Kraft und Neigung hat, aus reiner Freude an Gärten solche zu schaffen. Schafft Gärten!"[7] Obwohl Migge von Worpswede aus leidenschaftlich für seine Utopie eintrat, wurde er von von ansässigen Künstlern – allen voran Carl Emil Uphoff –, und der konservativen Presse verspottet, gar diffamiert. Uphoff avanciert zum reaktionären Gegenspieler der lebensreformerischen Konzepte. Als Vertreter der Reichskulturkammer 1933 klassifizierte er jene lebensreformerischen Experimente als „entartet" ab.

 

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6. Von der Künstlerkolonie zum Touristenmagnet

"Wenn man Worpswede heute verstehen will, dann am ehesten von seinem Publikum her".[8] Ohne Zweifel hat sich Worpswede von einem Zentrum der Landschaftskunst zu einem Touristenmagnet gewandelt. Bereits Zählungen Anfang der siebziger Jahre zeigten, dass tagtäglich rund 2000 Touristen den Ort besuchten – an Spitzentagen stieg die Zahl bis auf 12 000 Besucher. Laut dieser Statistik kamen fast die Hälfte der Besucher (49%) auf der Suche nach Ruhe und Erholung oder wegen der landschaftlichen Schönheit nach Worpswede; nur 14% suchten den Ort wegen Ausstellungen, Museen oder dem Kunstgewerbe auf.[9] Vor allem um auswärtige Besucher, die das Dorf wegen seiner Kunst aufsuchen, wirbt die Gemeinde Worpswede heute, möchte sie doch das traditionelle Image einer Künstlerkolonie bewahren. Damit Worpswede weiterhin attraktiv für Künstler aus aller Welt bleibt, engagiert sich die Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen und der Stadt Bremen im Bereich der Kunstförderung. Das Atelierhaus Worpswede und die Barkenhoff-Stiftung bieten ihren Stipendiaten – darunter bildenden Künstlern, Schriftstellern oder Fotografen – ein Forum, ihre zeitgenössische Kunst auszustellen. Doch kann man heute noch von einer Worpsweder Kunstszene reden? Ohne Zweifel scheint der Charme einer Künstlerkolonie um 1900 durch die touristische Erschließung verdrängt worden zu sein. Viele Vertreter der späteren Künstlergeneration haben seit den 60er Jahren Worpswede wegen zu hohen Mieten und der kommerziellen Ausschlachtung verlassen. Trotz einer fehlenden intakten Kunstszene haben sich unter einigen Vertretern der "neuen Worpsweder" – darunter Friedrich Meckseper, Pit Morell, Frauke Migge oder Jens Petersen – gemeinsame Tendenzen herausgebildet.

 

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7. Worpswede – ein transnationaler Erinnerungsort

Worpswede umfasst viele Namen, die seine Einzigartigkeit unterstreichen – Weltdorf, Künstlerkolonie, deutsches Künstlerdorf. Dennoch avancierten auch andere Orte zu Malerkolonien, so zum Beispiel das Fischerdorf Ahrenshoop in Mecklenburg-Vorpommern. Und auch in anderen europäischen Ländern zog die einzigartige Landschaft verschiedener Orte Künstler an, so zum Beispiel Skagen in Dänemark oder in Frankreich u.a. Auvers-sur-Oise, Barbizon, Fontainebleau, Pontoise oder Vence. Um dieser transnationalen historischen Entwicklung Rechnung zu tragen, haben sich die europäischen Künstlerdörfer zu einem Netzwerk, der "Europäischen Vereinigung der Künstlerkolonien", zusammengeschlossen. Auf einer Landkarte werden die einzelnen Künstlerorte aufgeführt, deren Geschichte vorgestellt wird. Selbsternanntes Ziel dieser Vereinigung ist es, das transnationale Erbe der europäischen Künstlerkolonien als identitätsstiftendes Element europäischer Kultur und Geschichte zu bewahren. Der Blick auf die offizielle Homepage Worpswedes lässt unschwer erkennen, dass sich der Ort vormals als "deutsches Künstlerdorf"[10] – also als einen nationalen Erinnerungsort – versteht. Doch nur der transnationale Blick auf das Phänomen der Künstlerkolonien verdeutlicht, welchen Wert diese als europäische Erinnerungsorte haben.

 

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Verantwortlich für diesen Erinnerungsort: Christoffer Leber

 

Online seit 2012

 

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Empfohlene Zitierweise: Christoffer Leber, Erinnerungsort "Worpswede", URL: http://www.umweltunderinnerung.de/index.php/kapitelseiten/verehrte-natur/40-worpswede.