Kapitelübersicht - Vormoderne Umwelten - Der Rammelsberg

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Der Rammelsberg

 

Rammelsberger Museum 

   

Wege der Erinnerung

  1. Vorgeschichte
  2. Eine Geschichte des Auf und Ab
  3. Der sagenumwobene Berg
  4. Die Roeder'schen Reformen
  5. Das Neue Lager
  6. Das „Rammelsbergprojekt" 1936/37
  7. Rammelsberg und seine Ostarbeiter
  8. Vom Erzbergwerk zum Weltkulturerbe
  9. Bergbaugeschichte für die Nachwelt - Das Rammelsberger Bergbaumuseum

 

Verwandte Themen

Nachhaltige Waldwirtschaft, Freiberger Hüttenrauch, Wismut, Garzweiler

 

Literatur

Eichhorn, Peter, Vertiefende Erkenntnisse zum Bergbau im Rammelsberg an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Clausthal-Zellerfeld 1999.

 

Ließmann, Wilfried, Historischer Bergbau im Harz. Berlin/Heidelberg 1997.

 

Roseneck, Reihnhard (Hrsg.), Der Rammelsberg. Tausend Jahre Mensch – Natur – Technik. Bd. 1 u. 2. Goslar 2001.

 

Schilling, Alexander, Die Optimierung der Internet-Präsentation des Weltkulturerbes Rammelsberg aus Basis empirischer und theoretischer mediendidaktischer Forschungsergebnisse. München 2006 [Diplomarbeit].

 

Vögel, Bernhild, "Wir waren fast noch Kinder". Die Ostarbeiter vom Rammelsberg. Goslar 2003.

 

Fußnoten

[1] Das Zitat verdankt der Autor Wilfried Ließmann, Historischer Bergbau im Harz. Berlin/Heidelberg 1997, S. 111.


[2] Ließmann, Historischer Bergbau, S. 111.

 
[3] Ließmann, Historischer Bergbau, S. 111.

 

[4] Vgl. www.rammelsberg.de [aufgerufen am 22.10.2012].

 

[5] Peter Eichhorn, Vertiefende Erkenntnisse zum Bergbau im Rammelsberg an der Wende vom 17. und 18. Jahrhundert, S. 6.

 

[6] Alexander Schilling, Die Optimierung der Internet-Präsentation des Weltkulturerbes Rammelsberg aus Basis empirischer und theoretischer mediendidaktischer Forschungsergebnisse. München 2006 [Diplomarbeit], S. 5f.

 

[7] Ließmann, Historischer Bergbau, S. 114.

 

[8] Vgl. Eichhorn, Rammelsberg 17. und 18. Jahrhundert, S. 6.

 

[9] Vgl. Ließmann, Historischer Bergbau, S. 114f.

 

[10] Ließmann, Historischer Bergbau, S. 116.

 

[11] Vgl. Eichhorn, Rammelsberg 17. und 18. Jahrhundert, S. 8.

 

[12] Schilling, Weltkulturerbe Rammelsberg, S. 11.

 

[13] Schilling, Weltkulturerbe Rammelsberg, S. 11.

 

[14] Vgl. Schilling, Weltkulturerbe Rammelsberg, S. 11. sowie Christoph Bartels, Die Stadt Goslar und der Bergbau am Rammelsberg, in Roseneck, Der Rammelsberg 1, Seite 166 – 171; Ders.,Die Geschichte des Bergbaus am Rammelsberg. Ein Überblick, in Roseneck, Der Rammelsberg 1, Seite 44 – 83.

 

[15] Ließmann, Historischer Bergbau, S. 116.

 

[16] Ließmann, Historischer Bergbau, S. 122. Vgl. auch Sperling, Das neue Lager der Blei-Zink-Erzlagerstätte Rammelsberg. Geol. Jb. Reihe D, H. 85. Hannover 1986.

 

[17] Vgl. Schilling, Weltkulturerbe Rammelsberg, S. 12.

 

[18] Bernhild Vögel, „Wir waren fast noch Kinder". Die Ostarbeiter vom Rammelsberg. Goslar 2003, S. 14.

 

[19] Vgl. Vögel, Ostarbeiter, S. 14.

 

[20] Vögel, Ostarbeiter, S. 15.

 

[21] Vögel, Ostarbeiter, S. 30.

 

[22] Reinhard Roseneck, Der Rammelsberg als UNESCO-Weltkulturerbe, in Ders., Der Rammelsberg 1, Seite 16 – 39, hier S. 16.

 

[23] Schilling, Weltkulturerbe Rammelsberg, S. 5.

 

[24] http://www.rammelsberg-blog.de/ 2012/09/intensive-mitarbeit-fur-den -erhalt-der-historischen- objekte-ein-jahr-arbeitsgemeinschaft- restaurierung-am-rammelsberg/ [aufgerufen am 22.10.2012].

 

Bildnachweis

Fotos: Der Rammelsberg; Rammelsberger Museum.

"Wer will Bergwerck baven, der muß Gott und dem Glück vertrawen."[1] Dies besagt ein alter Bergmannsspruch aus dem 17. Jahrhundert. Um die Geschichte des Erzbergwerks Rammelsberg zu nachzuzeichnen, genügt es jedoch nicht, 400 Jahre in die Vergangenheit zu blicken: Die Geschichte des Rammelsbergs beginnt bereits in "grauer Vorzeit, vermutlich vor mehr als 17 Jahrhunderten".[2] Seit der Schließung des Erzbergwerks Ende Juni 1988 erinnern Ausstellungsstücke, Museumstouren und Rundgänge an den Erinnerungsort Rammelsberg. Mit seiner über tausendjährigen Tradition ist das Harzer Bergwerk untrennbar mit der deutschen Bergbaugeschichte verbunden – manche sprechen gar von dem "interessantesten Kapitel europäischer Montanindustriegeschichte".[3] 1992 wurden der Rammelsberg und die historische Altstadt Goslar von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.[4]

 

 

1. Vorgeschichte

Der Rammelsberg ist der Erinnerungsort einer uralten Bergwerktradition: C14-Isotopen-Analysen von in Schlacken befindlichen Holzkohleresten haben ergeben, dass bereits im frühen ersten Jahrtausend n. Chr. Rammelsberger Erze verhüttet wurden.[5] Ausgrabungen zwischen 1981-85 in Düna bei Osterode, einer Siedlung am südlichen Harzrand, haben Metalle, Schlacken und Erze zutage gebracht, die auf eine Schmelzhütte aus dem 3.-4. Jahrhundert n. Chr. hinwiesen. In diesem Kontext konnte der Ursprung der unverschmolzenen Erzstücke und Schlackenreste eindeutig mit Rammelsberg identifiziert werden. Man muss also davon ausgehen, dass Rammelsberger Erze bereits zu dieser Zeit in die nähere Umgebung transportiert und dort weiterverarbeitet wurden.[6]
Urkundlich lässt sich die Erzgewinnung am Rammelsberg bis auf die Zeit Ottos des Großen –  genauer: auf das Jahr 968 n. Chr. – zurückverfolgen. Konzentrierte sich der frühgeschichtliche Bergbau insbesondere auf die Kupferherstellung, so stand im Mittelalter die Gewinnung des Münzsilbers im Zentrum.[7] Bereits im 10. Jahrhundert weit entwickelt, erfolgte im 11. Jahrhundert  durch die nach Goslar verlegte Kaiserpfalz ein deutlicher Aufschwung der Rammelsberger Hütten: Einerseits benötigte die Pfalz Einnahmen für die Hofhaltung, die den Betriebsüberschüssen der Gruben entnommen werden konnten, andererseits brachte ihre Präsenz Sicherheit und eine funktionierende Infrastruktur.[8] Diese erste Blütezeit sollte jedoch nur bis Mitte des 12. Jahrhunderts währen...

 

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2. Eine Geschichte des Auf und Ab

Der Rammelsberger Bergbau blühte bis ins 12. Jahrhundert hinein, bis Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich Barbarossa und dem Herzog von Braunschweig, Heinrich dem Löwen, zu einem kurzen Erstarren der Erzgewinnung führten. Ab 1235 unterstand der neu aufgenommene Rammelsberger Bergbau den Herzögen von Braunschweig, die ihre Rechte der Stadt Goslar als Pfand übertrugen; seit 1281 gehörte die Stadt Goslar der Hanse, was für die Harzer Gruben einen beachtlichen Aufschwung bedeutete, hatte doch die Hanse das Monopol auf den Kupferhandel ihrer Zeit.[9] Neben den 100 in Einsatz stehenden Einzelgruben wurde 1150 der "Ratstiefste Stollen", der bis heute älteste befahrbare Großstollen im Harz, auf rund 1000 m aufgefahren.
Die nächste große Zäsur kam im 14. Jahrhundert. Gründe waren erneute Kriege sowie die ab 1348 in Europa wütende Pest. Hinzu kamen die Grubenverhältnisse, die sich äußerst ungünstig entwickelt hatten und Wassereinbrüche provozierten. Der Ruf nach Reformen wurde stetig größer. Der Krakauer Bergmeister Johann Thurzo plante einen Stollen, der den "Ratstiefsten Stollen" um 45m an Tiefe übertreffen sollte, das Projekt wurde jedoch aufgrund von Bauschwierigkeiten stillgelegt. Von politischem Gewicht war der 1552 abgeschlossene Riechenberger Vertrag zwischen der Stadt Goslar und Herzog Heinrich dem Jüngeren, der nach langjährigen Auseinandersetzungen geordnete Verhältnisse schuf; die Stadt Goslar verlor die Rechte für die Gruben an das braunschweigisch-wolfenbüttelsche Regiment, behielt jedoch die Rechte auf den Vitriolhandel.[10] Dieser Übergang von der kommunalen hin zur landesherrschaftlichen Verwaltung der Rammelsberger Hütten sorgte für einen beträchtlichen Modernisierungsschub – hierzu gehörte die Wiederaufnahme der 1534 eingestellten Kupferverhüttung sowie die Installation neuer Wasserhaltungsanlagen in den Gruben des Bergwerks.[11]
Eine erneute Zäsur brachte der Dreißigjährige Krieg (1618-1648): Anfangs vorteilhaft für den Rammelsberger Bergbau aufgrund der erhöhten Waffenproduktion, musste der Abbau jahrelang ruhen, da der Krieg die Hütten zerstörte und den Großteil der Arbeitskräfte forderte. Erschwerend kamen die Auswirkungen der Harzer Forstkrise (Stürme und Borkenkäferbefall) zu Beginn des 18. Jahrhunderts hinzu, die einen akuten Holzmangel provozierten. Doch aus der Not folgte eine Tugend: Die schwierige Lage forderte verlängerte Arbeitszeiten; ein neues Schichtsystem wurde in Rammelsberg eingeführt, demzufolge die Arbeiter von Dienstagmorgen bis Sonntagmorgen in den Gruben hausten und schliefen. Der Rammelsberger Bergbau konnte sich bis ins 18. Jahrhundert wieder stabilisieren. Durch die Reformen des Bergmeisters Johann Christoph Roeder Mitte des 18. Jahrhunderts wurde zudem die Effizienz der Erzförderung gesteigert.

 

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3. Der sagenumwobene Berg

Im Harz ist die Sage jedem Kind bekannt: Der Namensgeber des Rammelsberg soll der Sage nach der Ritter "Ramm" gewesen sein. Um seiner Jagd nachzugehen, band dieser sein Pferd an einem Baum am Fuß des heutigen Rammelsberg fest. In ungeduldiger Erwartung seines Herrn soll das Pferd angefangen haben ungeduldig mit den Hufen zu scharren und dabei eine Erzader freigelegt haben. Um den Ritter zu ehren wurde der Berg "Rammelsberg" genannt, die Stadt zu seinen Füßen "Goslar", denn seine Frau trug den Namen "Gosar".

 

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4. Die Roeder'schen Reformen

Ausgangspunkt für die Reformen, die durch den Bergmeister Johann Christoph Roeder (1730-1813) in Gang gesetzt wurden, waren die veralteten Förder- und Wasserhaltungsmethoden des Bergwerks. Bislang bereitete das "regellos gewachsene Gewirr an Strecken und Schächten erhebliche Schwierigkeiten".[12] Nach seinem Dienstantritt 1763 in Rammelsberg galt seine erste Veränderung der Vorbeugung von Tretungen (Brüchen), indem er Abbauweitungen mit Versatzmaterial füllen ließ. Als nächstes widmete sich Roeder der Reformierung der Schachtförderung. Vormals musste das Erz mehrmals umgeladen werden, da es zunächst mehrere Blindschächte passieren musste, um schlussendlich zum Hauptschacht zu gelangen, der das Erz zutage förderte.[13] Dies änderte sich durch die von Roeder eingeführten modernisierten Betriebseinrichtungen, zu denen eine Tagesförderstrecke, ein Hauptförderschacht, Pumpenanlagen und Fördermaschinen mit unter Tage installierten Wasserrädern zum Antrieb gehörten.[14] Die bekannteste Neuerung war der Roeder-Stollen, der eine neuartige Zuführung des Betriebswassers ermöglichte. Auch heute noch ist es der Roeder-Stollen, der die Besucher des Bergbaumuseums in die Grube transportiert; dank ihm war "eine gut funktionierende Erzgewinnung für fast 100 Jahre gesichert".[15]

 

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5. Das Neue Lager

Eines der bedeutendsten Ereignisse in der Geschichte des Rammelsbergs war die Entdeckung des Neuen Lagers im August 1859. Als die 1739 stillgelegte Suchstrecke durch die Initiative des Bergrats Hermann Koch (Vater des Bakteriologen Robert Koch) neu belegt wurde, traf man nach nur 10 Metern auf einen zweiten großen Erzkörper. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte stellte sich heraus, dass es sich bei der Entdeckung um einen Massiverzklotz von fast 20 Millionen Tonnen handelte, der 1,2 Millionen Tonnen Blei, 2,7 Millionen Tonnen Zink und 0,2 Millionen Tonnen Kupfer umfasste.[16]

 

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6. Das "Rammelsbergprojekt" 1936/37

Im Rahmen ihrer Autarkiepolitik wurde der Rammelsberg von den Nationalsozialisten stark subventioniert. Mit insgesamt 1,75 Millionen Reichsmark beschloss das Regime eine Aufbereitungsanlage am Rammelsberg zu bauen. Grundlage dieser Anlage war die Schwimmaufbereitung (Flotation) – ein Verfahren um die verwachsenen Erze von tauben Bestandteilen wie Schwerspat und Tonschiefer zu trennen und zu Konzentraten aufzubereiten, die dann in die Hüttenprozesse gelangten.[17] Die im Zuge des Rammelsbergprojekts (1932-1936/37) von den Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer entworfenen Tagesanlagen mit der Hangaufbereitung und dem Rammelsbergschacht prägen bis heute das Bild des Erzbergwerks. Da das Erz "kriegswichtig" war, musste seine Gewinnung und Aufbereitung stets gesichert werden. Aus diesem Grunde wurden die Lücken, die durch die Einberufung der Bergleute zur Wehrmacht entstanden, durch sowjetische und aus westlichen Ländern stammende Zwangsarbeiter gefüllt. Gegen Kriegsende machte der Anteil der Ost- und Westarbeiter rund 40 Prozent der gesamten Belegschaft aus.[18]

 

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7. Rammelsberg und seine Ostarbeiter

Der Nationalsozialismus forderte tausende Zwangsarbeiter, die zumeist aus den besetzten Gebieten Osteuropas (zumeist aus der Ukraine und aus Russland) zwangsrekrutiert und verschleppt wurden. Die "Ostarbeiter" sollten die von der Wehrmacht eingezogenen Arbeiter ersetzten, um die Kriegsproduktion weiterhin aufrechtzuerhalten. Der Rammelsberg als Gewinnungsstätte "kriegswichtiger Erze" war in diesem Kontext keine Ausnahme.[19] Ein ambitioniertes Projekt, das vom Bergbaumuseum Rammelsberg initiiert wurde, rekonstruierte zahlreiche Einzelschicksale aus Aktenmaterial und Zeitzeugenaussagen. Aus den Akten der ehemaligen Preussag (heute TUI AG), die bis zur Schließung das Bergwerk betrieb, lassen sich drei Phasen der Zwangsarbeit rekonstruieren. In der ersten Phase von Mai bis November 1942 wurden 35 Männer aus Sumy (Ukraine) und weitere 50 russische Zwangsarbeiter zwangsrekrutiert, um am Rammelsberg zu arbeiten. Diese Anfangsphase war durch mehrere Fluchtversuche gekennzeichnet. Wurden Arbeiter bei einem Fluchtversuch ertappt, so deportierte man sie in das Arbeitererziehungslager bei Salzgitter-Hallendorf – kurz Lager 21. Die zweite Phase begann mit einem Transport aus Lugansk, der außer 22 Männern auch 21 Frauen enthielt (1943). In dieser Zeit lockerte sich die Überwachung und Zwangsarbeiter wurden nach einem differenziertes Lohn- und Strafsystem behandelt. Im Frühjahr schließlich trafen Westarbeiter aus Frankreich, Holland und Belgien am Rammelsberg ein. Die letzte Phase ab 1944 bedeutete eine dramatische Verschlechterung der Situation für die Zwangsarbeiter: Verschärfung der Bewachung, miserable Verpflegung, Gestapohaft und KZ-Einweisungen. Von insgesamt 145 sowjetischen Zwangsarbeitern haben nach Kriegsende lediglich 100 überlebt.[20]
Eine besondere Herausforderung des Vergangenheitsprojekts war das Spannungsverhältnis zwischen den Zeitzeugenberichten der Opfer und den Aktenvermerken der Täter. Leonid Lin – ein aus der Ukraine verschleppter Zwangsarbeiter am Rammelsberg – berichtete mit außergewöhnlicher Präzision von seiner Ankunft im Lager und den ersten Eindrücken. Dabei ließen sich viele der genannten Personen über das Archivmaterial rekonstruieren: "In Goslar angekommen, sind wir in ein dreistöckiges Gebäude gebracht worden, das vergitterte Fenster hatte und mit Stacheldraht umzäunt war. Der Zaun verengte sich und endete direkt am Stolleneingang ... Unten waren die Waschkaue und die Toilette, in der ersten Etage wurde gegessen, da standen Tische. Es gab einen Raum zum Schlafen mit zweistöckigen Pritschen ... Das Gebäude war mit Stacheldraht umzäunt, und es gab zwei Ausgänge, der eine führte direkt in den Stollen, der andere an den Polizisten [Wachleuten] vorbei."[21]

 

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8. Vom Erzbergwerk zum Weltkulturerbe

Die Liste der von der UNESCO ernannten Weltkulturerben könnte nicht heterogener sein. Was zeichnet jedoch ein solches Erbe aus? Eine zentrale Voraussetzung, um als Kulturerbe anerkannt zu werden, ist, dass es sich bei den jeweiligen Kulturgütern um substantiell erhaltene Vergangenheitszeugen handelt, die eine besondere historische Bedeutung sowie Singularität aufweisen und aufgrund ihrer Denkmalsubstanz universellen Wert besitzen.[22] Diese Voraussetzungen erfüllte der Rammelsberg ohne Zweifel: Nach seiner Stilllegung 1988 war er mit seiner über tausend jährigen Geschichte das älteste ununterbrochen betriebene Erzbergwerk der Welt. So überrascht es kaum, dass der Rammelsberg mitsamt der Goslarer Altstadt auf der Jahrestagung des Welterbe-Komitees in Santa Fé (USA) im Dezember 1992 zum elften Weltkulturerbe in Deutschland ernannt wurde. Die "World Heritage List" geht auf die 1972 in Paris von der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur beschlossene Internationale Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt zurück. Ziele dieser Konvention sind die Verbindung aus Denkmal - und Naturschutz. Jede Ernennung – auch die des Rammelsbergs – erfordert, dass zwei Prüfungsverfahren gemeistert werden, nämlich eines auf nationaler, eines auf internationaler Ebene: Die nationale Hürde hatte der Rammelsberg bereits 1988 gemeistert. Zusammen mit dem Roheisenbereich der saarländischen Völklinger Hütte wurde das Erzbergwerk als "erstes technisches Denkmal überhaupt in die Vorschlagsliste der Bundesrepublik aufgenommen".[23]

 

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9. Bergbaugeschichte für die Nachwelt - Das Rammelsberger Bergbaumuseum

Der Rammelsberg ist mehr als ein stillgelegtes Erzbergwerk. Er ist Schauplatz zahlreicher technik- und montangeschichtlicher Denkmäler, die heute im "Rammelsberger Bergbaumuseum" besichtigt werden können. Bereits 1988 verhinderte eine Bürgerinitiative, dass die Pforten des Bergwerks endgültig geschlossen wurden. Seit 1989 zeigt der Ort ein neues Gesicht – nicht die Erzgewinnung, sondern die Geschichte und die Erinnerung stehen im Zentrum des Interesses. Das Museum Rammelsberg lädt Besucher dazu ein, geschichtliche Eckpunkte des Erzbergwerks nachzuverfolgen.
Neben Ausstellungen in der Mannschaftskaue, die fast im Originalzustand belassen wurde, bietet das Museum die Befahrung des Roederstollen-Systems. Eine besondere Attraktion bildet die 1997 fast vollständig erhaltene, zum Teil renovierte Aufbereitungsanlage, die zur Zerkleinerung der Erze sowie Trennung der Minerale diente.
Doch die Ausstellungsstücke wollen und müssen gepflegt werden. Aus diesem Grund wurde 2011 die aus zwölf Mitarbeitern bestehende Arbeitsgemeinschaft Restaurierung ins Leben gerufen, die sich um den Erhalt der historischen Objekte kümmert – hierzu zählen u.a. die Personenwagen der Grubenbahn, wie auch eine rund 70 Jahre alte Lokomotive.[24]

 

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Verantwortlich für diesen Erinnerungsort: Christoffer Leber

 

Online seit 2012

 

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Empfohlene Zitierweise: Christoffer Leber, Erinnerungsort "Der Rammelsberg", URL: http://www.umweltunderinnerung.de/index.php/kapitelseiten/vormoderne-umwelten/27-der-rammelsberg.

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