Methodisches - Fragen an die Erinnerungsorte


Was ist ein ökologischer Erinnerungsort?

Ökologische Erinnerungsorte sind also nicht zwangsläufig geographische Orte?

Wie unterscheiden sich die ökologischen Erinnerungsorte von traditioneller Ereignisgeschichte?

Fehlt dem Projekt nicht ein roter Faden?

Sind deutsche Erinnerungsorte nicht ein wenig national-borniert?

Noras französische Erinnerungsorte besaßen aber doch eine prononciert patriotische Note...

Schön und gut, aber müsste man nicht zusätzlich zu den deutschen Erinnerungsorten auch globale ökologische Erinnerungsorte thematisieren?

Warum erscheinen die ökologischen Erinnerungsorte in deutscher Sprache?

Warum gibt es kein Kapitel zur DDR oder zur Zeit des Nationalsozialismus?

Was ist die Zielgruppe der ökologischen Erinnerungsorte?

Läuft das Projekt nicht darauf hinaus, einen Kanon der Umweltgeschichte zu definieren?

Wie kam die Liste der Erinnerungsorte zustande?

Ich finde die Liste der Erinnerungsorte ziemlich lückenhaft...

Bei der Auswahl der Erinnerungsorte fällt ein chronologisches Ungleichgewicht ins Auge: Jüngere Ereignisse wurden deutlich stärker berücksichtigt.

Andererseits wurden die letzten 20 Jahre nicht berücksichtigt – das jüngste Ereignis ist der Erdgipfel von Rio de Janeiro...

Gibt es überhaupt "die" Erinnerung – oder nicht vielmehr unterschiedliche Gruppen mit jeweils eigenem Gedächtnis?

Haben Umweltaktivisten nicht ganz andere Traditionen der Erinnerung als die breite Öffentlichkeit?

Hat die Umweltbewegung überhaupt eine Erinnerungskultur?

Sind Regenwald und russischer Winter wirklich deutsche Erinnerungsorte?

Warum ist Trinkwasser ein Erinnerungsort?

Erinnerung als biophysikalischer Prozess – ist das nicht arg spekulativ?

Wie sichern die digitalen Erinnerungsorte wissenschaftliche Qualität?

Mal ehrlich: Ihr wählt doch alle die Grünen, oder?

Kann die Umweltbewegung stolz auf ihre Geschichte sein?

Na gut, aber im Vergleich mit manchen Nachbarländern ist Deutschland doch schon ziemlich umweltbewusst, oder?

Gibt es die ökologischen Erinnerungsorte auch als Buch?

Wie geht es nach dem Abschluss dieses Online-Projekts weiter?

 


 

Was ist ein ökologischer Erinnerungsort?

Unser Projekt versteht sich als Teil der von Pierre Nora begründeten Forschungstradition, entwickelt das Konzept der Erinnerungsorte jedoch mit Blick auf die Besonderheiten des Themas weiter. Ganz knapp lassen sich ökologische Erinnerungsorte deshalb als historische Ereignisse bezeichnen, die mit der Interaktion von Mensch und Natur zusammenhängen und in der heutigen Umweltdebatte nachwirken.

Für die Arbeit im Projekt haben wir im Laufe der Zeit eine umfangreichere Definition entwickelt, in der einige Aspekte tangiert werden, die im Folgenden noch näher erläutert werden. Diese Arbeitsdefinition lautet folgendermaßen: "Ökologische Erinnerungsorte sind geographisch und zeitlich begrenzte Ereignisse, in denen die Interaktion von Mensch und Natur in ihrer ganzen Vielfalt eine wesentliche Rolle spielt. Diese Ereignisse zeichnen sich durch eine Mehrzahl von politischen, administrativen, diskursiv-kulturellen oder lebenspraktischen Folgen aus, die über die Zeit des Ereignisses deutlich hinausreichen. Diese Nachwirkungen müssen nicht zwangsläufig in einem starken Bewusstsein für das Ereignis selbst dokumentieren, sondern können auch in Handlungs- und Denkweisen verborgen liegen. Die Analyse von Erinnerungswelten ist somit zu erweitern um eine Analyse politisch-administrativer, ökonomischer oder lebensweltlicher Praktiken und kollektiver Mentalitäten, deren geschichtliche Prägung sich erst durch die quasi archäologische Freilegung der historischen Zusammenhänge erschließt. Bei der Analyse dieser Memorialpraktiken ist Bruchlinien und Divergenzen besondere Beachtung zu schenken."

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Ökologische Erinnerungsorte sind also nicht zwangsläufig geographische Orte?

Erinnerungen machen sich nicht nur an geographischen Orten fest, sondern auch an Büchern, Personen, Gegenständen, Ideen und Verhaltensweisen. Deshalb hat Pierre Nora, dessen französisches Projekt den ersten Impuls für die inzwischen transnationale Debatte über Erinnerungsorte gab, auch imaginierte Orte berücksichtigt. Entscheidend war für Nora, ob sich das jeweilige Schlüsselwort als Kristallisationspunkt der Erinnerung und Identität bezeichnen ließ. Dem folgt das hiesige Projekt: Entscheidend ist, ob der jeweilige Topos starke und mehrdimensionale Traditionen der Erinnerung erschließt.

Diese Verwendung des Begriffs entspricht der Mehrheitsmeinung der internationalen Forschung, aber es gibt Ausnahmen. So haben die niederländischen Erinnerungsorte zum Beispiel nur physisch-reale Orte berücksichtigt. Außerdem wird der Begriff häufig unscharf in regional- und lokalgeschichtlichen Kontexten verwendet – nicht selten in engem Verbund mit touristischen Interessen.

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Wie unterscheiden sich die ökologischen Erinnerungsorte von traditioneller Ereignisgeschichte?

Bei den Erinnerungsorten geht es nicht nur um das Geschehen zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern auch darum, wie dieses Ereignis im kollektiven Gedächtnis blieb und wie sich die Interpretation des Geschehens im Laufe der Zeit veränderte. Besondere Beachtung erhalten dabei die Unterschiede in den Erinnerungen verschiedener Gruppen. Zugleich geht es aber auch darum, diese Erinnerungen zum realen Ereignis in Beziehung zu setzen und Bedeutungsverschiebungen und Instrumentalisierungen aufzuzeigen.

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Fehlt dem Projekt nicht ein roter Faden?

Die Erinnerungsorte entstanden aus einer Krise der klassischen "Meistererzählungen" heraus. Geschichte lässt sich – so die Grundannahme – nicht mehr als eine Abfolge großer Ereignisse präsentieren, sondern nur noch als eine Ansammlung von Fragmenten, deren Gesamtzusammenhang bis zu einem gewissen Punkt offen bleibt. Wir haben deshalb bewusst keinen Weg durch die ökologischen Erinnerungsorte vorgegeben und überlassen es ganz Ihnen, jene Buttons und Links anzuknüpfen, die Sie interessieren. So kann jeder Benutzer seinen ganz persönlichen Weg durch die Erinnerungslandschaft der deutschen Umweltdebatten finden.

Man kann darüber hinaus auch die Frage stellen, ob nicht das Fragmentarische dieser Website der quasi chaotischen Verästelung unserer Erinnerung besser entspricht als ein enzyklopädischer Ansatz. Andererseits verlangt der wissenschaftliche Anspruch des Projekts nach klaren Strukturen: Erinnerungsforschung ist kein Freibrief für kulturalistische Beliebigkeit. Vor allem dort, wo es um hartlebige Legenden geht (wie etwa beim Blauen Himmel über der Ruhr), haben wir uns um klare Worte bemüht.

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Sind deutsche Erinnerungsorte nicht ein wenig national-borniert?

Wir verstehen Deutschland im Rahmen des Projekts als eine Diskurs- und Erinnerungsgemeinschaft, die für den Umgang mit Umweltthemen in vielen Fällen wichtiger war als regionale oder supranationale Kontexte. Manche dieser deutschen Debatten entfalteten weltweite Resonanz wie etwa die nachhaltige Forstwirtschaft; andere blieben auf den deutschen Sprachraum beschränkt oder wurden gar (wie "le Waldsterben") von Nachbarländern bespottet. Bewusst umfasst unsere Liste auch Erinnerungsorte wie die "Grenzen des Wachstums" oder Tschernobyl, die über Deutschland hinausweisen. Deutsche Erinnerungsorte werden hier also nicht verabsolutiert oder gar gefeiert, sondern vielmehr als Teil einer Erinnerungslandschaft betrachtet, die zugleich regionale und supranationale Dimensionen aufweist.

Diese über Deutschland hinausweisende Dimension des Projekts hat auch in der Kapitelstruktur seinen Niederschlag gefunden. Wir haben nämlich jeweils Oberbegriffe gewählt, die typische ökologische Herausforderungen westlicher Gesellschaften berühren. Wie die meisten europäischen Länder hat auch Deutschland die Natur geschützt, die Umwelt verschmutzt und einen Aufschwung ökologischer Bewegungen nach 1970 erlebt. Zugleich werfen diese Kapitelnamen aber auch die Frage nach den deutschen Besonderheiten auf: Stimmt es, dass die Naturliebe in Deutschland heftiger, die Verschmutzung extremer und die ökologische Wende dramatischer war als anderswo? Man kann die ökologischen Erinnerungsorte deshalb auf zweierlei Weise lesen: als deutsche Geschichte, aber auch als charakteristische Umweltgeschichte einer westlichen Industrienation.

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Noras französische Erinnerungsorte besaßen aber doch eine prononciert patriotische Note...

... zu schweigen von den italienischen Erinnerungsorten, die sich offen in den Dienst des "nation-building" stellten. Wir orientieren uns deshalb vor allem an den deutschen Erinnerungsorten, die der Veränderung und Manipulation von Erinnerungssträngen durch Nationalsozialismus und SED-Herrschaft breiten Raum widmeten. Dennoch bleibt – wie bei jedem nationalgeschichtlichen Projekt – Umsicht und Wachsamkeit oberstes Gebot, denn letztlich lässt sich der Ungeist des Nationalismus im Rahmen eines solchen Projekts nur durch ausgewogene und kritische Darstellungen vertreiben.

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Schön und gut, aber müsste man nicht zusätzlich zu den deutschen Erinnerungsorten auch globale ökologische Erinnerungsorte thematisieren?

Tatsächlich arbeitet der Leiter dieses Projekts derzeit an einem Buch über globale ökologische Erinnerungsorte. Und vielleicht gibt es darüber eines Tages ja auch eine eigene Website.

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Warum erscheinen die ökologischen Erinnerungsorte in deutscher Sprache?

Erinnerungen sind häufig in Worten und Formulierungen verborgen, die nur schwer zu übersetzen sind. Deshalb haben wir uns in diesem Projekt für die deutsche Sprache entschieden, ohne damit jedoch eine Vorentscheidung für künftige, insbesondere transnationale Projekte zu treffen. Mit dieser Wahl sind wir im Übrigen in guter Gesellschaft: Bisher sind alle Erinnerungsort-Projekte zunächst in der jeweiligen Muttersprache erschienen.

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Warum gibt es kein Kapitel zur DDR oder zur Zeit des Nationalsozialismus?

Mit politischen Zäsuren hat die umwelthistorische Forschung seit jeher ihre lieben Probleme, und so ist umstritten, ob sich die beiden deutschen Diktaturen tatsächlich als abgeschlossene Epochen betrachten lassen. Für uns war entscheidend, dass sich die Bedeutung des Nationalsozialismus für Erinnerungsorte wie Tierquälerei und Autobahn erst erschließt, wenn man Vorgeschichte und Folgen berücksichtigt. Ähnliches gilt im Falle der DDR für Wismut und die Druschba-Pipeline: Der Verzicht auf ein eigenes Kapitel öffnet den Blick für wichtige Kontinuitäten.

Darüber hinaus gibt es für die Chronologie der Erinnerungsorte kein einheitliches Modell. Deutsche und französische Erinnerungsorte haben keine chronologische Ordnung, während die niederländischen Erinnerungsorte in dieser Hinsicht einer rigiden Struktur folgen, indem jeder der vier Bände ein gesondertes Zeitalter thematisiert. Die italienischen Erinnerungsorte konzentrieren sich sogar ganz auf die Zeit des italienischen Nationalstaats. Das hiesige Projekt folgt insofern mit seiner Mischung aus thematischen und chronologischen Kapiteln einem pragmatischen Mittelweg.

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Was ist die Zielgruppe der ökologischen Erinnerungsorte?

Die ökologischen Erinnerungsorte richten sich an alle, die sich in deutscher Sprache über umwelthistorische Themen informieren möchten – unabhängig davon, ob sie in Umweltinitiativen engagiert sind. Auch jene, die der Umweltbewegung skeptisch gegenüberstehen oder von umweltpolitischen Maßnahmen betroffen sind, sollen das hiesige Angebot mit Gewinn studieren können.

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Läuft das Projekt nicht darauf hinaus, einen Kanon der Umweltgeschichte zu definieren?

Gewöhnlich präsentieren sich Erinnerungsort-Projekte in Buchform, so dass die Zusammenstellung dann tatsächlich oft wie ein Kanon wirkt. Ein Internet-Projekt kann da flexibler agieren, und deshalb hat sich die Liste der hiesigen Erinnerungsorte während der drei Jahre, in denen diese Website entstand, immer wieder verändert. Wir haben zudem auch eine Zweitliste von Erinnerungsorten erstellt, die wir diskutiert, aber am Ende aus unterschiedlichen Gründen nicht realisiert haben. Sie finden diese Liste hier. Außerdem gibt es am Fuß jedes Eintrags die Möglichkeit zur Abstimmung.

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Wie kam die Liste der Erinnerungsorte zustande?

Die Auswahl der Erinnerungsorte ist zweifellos der heikelste Teil eines solchen Projekts, und deshalb gab es darüber die intensivsten und auch kontroversesten Diskussionen. Seit 2010 haben im Rachel Carson Center etwa ein halbes Dutzend Gesprächsrunden in wechselnder Zusammensetzung stattgefunden, in denen die jeweils aktuelle Liste eingehend diskutiert und ergänzt wurde; manchmal wurden auch Begriffe gestrichen. Als wichtigste Kriterien kristallisierten sich im Laufe dieser Debatten Bekanntheitsgrad, historische Signifikanz, überregionale Bedeutung sowie geographische und chronologische Ausgewogenheit heraus.

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Ich finde die Liste der Erinnerungsorte ziemlich lückenhaft...

Vollständigkeit war nie unser Ziel. Uns ging es vielmehr darum, das Spektrum der ökologisch relevanten Erinnerungen in Deutschland mit exemplarischen Begriffen abzudecken. Auf Doppelungen haben wir nach Möglichkeit verzichtet: So hätte man statt Garzweiler auch einen ostdeutschen Braunkohletagebau wählen können oder Heinz Sielmann statt Bernhard Grzimek. Besonders am Herzen lagen uns ferner spannungsreiche Begriffspaare – so etwa die Autobahnen und das Tempolimit oder der GAU und Tschernobyl.

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Bei der Auswahl der Erinnerungsorte fällt ein chronologisches Ungleichgewicht ins Auge: Jüngere Ereignisse wurden deutlich stärker berücksichtigt.

Wir gehen von der Arbeitshypothese aus, dass unsere ökologische Erinnerungslandschaft vor allem in den vergangenen zwei Jahrhunderten entstanden ist und dass in diesem Rahmen die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg noch einmal eine besondere Bedeutung besitzt. Deshalb ist der Zeitraum von 1950 bis 1990 unter den Ereignissen besonders stark vertreten.

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Andererseits wurden die letzten 20 Jahre nicht berücksichtigt – das jüngste Ereignis ist der Erdgipfel von Rio de Janeiro...

Erinnerungen brauchen Zeit, um sich zu entfalten und zu verändern. Wir haben uns deshalb entschlossen, nur Ereignisse zu berücksichtigen, die mindestens 20 Jahre in der Vergangenheit liegen. Dazu veranlasste uns nicht zuletzt das von Martin Sabrow edierte Projekt über Erinnerungsorte der DDR, das zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall erschien.

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Gibt es überhaupt "die" Erinnerung – oder nicht vielmehr unterschiedliche Gruppen mit jeweils eigenen Erinnerungen?

Die Frage nach dem kollektiven Gedächtnis verbindet sich seit Maurice Halbwachs mit der Frage nach den jeweiligen Bezugsgruppen. Deshalb achten wir in diesem Projekt besonders auf politische, kulturelle und sozioökonomische Bruchlinien und Spannungen zwischen den Sichtweisen unterschiedlicher Gruppen.

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Haben Umweltaktivisten nicht ganz andere Traditionen der Erinnerung als die breite Öffentlichkeit?

Die Kluft zwischen Aktiven und dem Rest der Gesellschaft erscheint uns in diesem Projekt als die vielleicht größte und folgenreichste aller gruppenmäßigen Differenzierungen. Wer selbst am Umweltgipfel von Rio teilnahm, behält ihn nun einmal anders in Erinnerung als jene, die davon nur in den Medien gehört haben. Wir haben uns bemüht, beide Sichtweisen möglichst ausgewogen und gleichgewichtig zu präsentieren und auch über die Folgen nachzudenken, die sich aus dieser Zweiteilung der Erinnerung ergeben.

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Hat die Umweltbewegung überhaupt eine Erinnerungskultur?

Tatsächlich deutet einiges darauf hin, dass das historische Bewusstsein in umweltbewegten Kreisen schwächer ausgeprägt ist als in vergleichbaren Bewegungen. Aber das kann sich ja ändern. Und vielleicht kann dieses Projekt in dieser Hinsicht ja auch einen kleinen Beitrag leisten.

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Sind Regenwald und Grenzen des Wachstums wirklich deutsche Erinnerungsorte?

Referenzpunkt des Projekts ist Deutschland als Diskurs- und Erinnerungsgemeinschaft. Es kommt also nicht auf die geographische Lage eines Ortes an, sondern darauf, ob er eine starke Resonanz in deutschen Debatten und Verhaltensweisen erzielen konnte.
Deutsche Umweltdebatten haben schon immer Grenzen überschritten und in Frage gestellt – so etwa bei Alexander von Humboldt, der lange Zeit im Ausland berühmter war als in Deutschland. Die aktuelle Globalisierungsdebatte hat insofern eine historische Tiefendimension, die wir mit einem Kapitel über "Entgrenzungen" besonders hervorheben möchten.

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Warum ist Trinkwasser ein Erinnerungsort?

Wir verstehen Erinnerung im Rahmen des Projektes nicht nur als kulturellen, sondern auch als biophysikalischen Prozess: Geschichte steckt nicht nur in Gedanken, sondern auch in Gegenständen. Dass wir in Deutschland Leitungswasser bedenkenlos trinken können, ist das Ergebnis historischer Entscheidungen. Weltreisende wissen, dass diese Entscheidungen alles andere als selbstverständlich sind.

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Erinnerung als biophysikalischer Prozess – ist das nicht arg spekulativ?

Tatsächlich bewegen wir uns an dieser Stelle bewusst über die Nora'sche Tradition hinaus. Für Umwelthistoriker, die stets die Eigenmacht der Natur zu berücksichtigen suchen, ist die Fixierung auf kulturelle Prozesse eine unbefriedigende Verengung. Wir möchten in den ökologischen Erinnerungsorten deshalb auch die natürliche Umwelt als Spiegel und Produkt von Erinnerungen betrachten – quasi als einen ökologischen Kommentar zur menschlichen Geschichte. Dabei geht es uns nicht um die Gesamtheit aller naturräumlichen Entwicklungen, die zu dokumentieren ohnehin ein grenzenloses Unterfangen wäre, sondern speziell um jene Veränderungen, die vom menschlichen Standpunkt aus bemerkenswert sind. Es ist eine Besonderheit vieler ökologischer Erinnerungsorte, dass sie der sensitiven Erfahrung offenstehen: Man kann sie sehen, riechen, hören, ertasten und manchmal sogar schmecken. Bei Erinnerung als biophysikalischem Prozess geht es also nicht bloß um Naturkunde, sondern zugleich darum, Natur als historischen Akteur zu betrachten – in einer sorgfältig reflektierten und durchaus anthropozentrischen Weise.

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Wie sichern die digitalen Erinnerungsorte wissenschaftliche Qualität?

Die Texte auf dieser Website liegen vom Literaturtyp her zwischen Lexikoneintrag und Zeitschriftenaufsatz, und deshalb haben wir uns bei der Belegtechnik für eine Mischung aus beiden Gattungen entschieden. Unter dem Menüpunkt "Literatur" finden Sie die Veröffentlichungen, auf die sich der Eintrag in erster Linie stützt. Wörtliche Zitate sind durch Fußnoten nachgewiesen. Zugleich wird am Fuß jeder einzelnen Seite der Name der Person genannt, die die Texte zum jeweiligen Eintrag wissenschaftlich verantwortet. Schließlich trägt Frank Uekötter als Projektleiter die Gesamtverantwortung für die publizierten Texte.

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Mal ehrlich: Ihr wählt doch alle die Grünen, oder?

Das Wahlgeheimnis ist auch im Rachel Carson Center ein hohes Gut. Wir verstehen dieses Projekt aber ausdrücklich als überparteiliches Projekt – und das nicht nur, weil die grüne Sache in Deutschland nie Privatbesitz einer einzelnen politischen Richtung gewesen ist.

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Kann die Umweltbewegung stolz auf ihre Geschichte sein?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

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Na gut, aber im Vergleich mit manchen Nachbarländern ist Deutschland doch schon ziemlich umweltbewusst, oder?

Tatsächlich scheint sich in Deutschland so etwas wie ein "grüner Patriotismus" zu entwickeln, der die besonderen ökologischen Meriten der Bundesrepublik betont. Bislang ist das allerdings eher eine Stimmung als ein Ergebnis reflektierter Debatten. Vor diesem Hintergrund möchten wir mit diesem Projekt auch Informationen und Sichtweisen präsentieren, um diese überfällige Debatte kenntnisreich und differenziert zu führen. Denn auch im grünen Gewand ist Patriotismus nicht harmlos – wie etwa ein Blick in unseren Artikel zum Reichsnaturschutzgesetz zeigt.

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Gibt es die ökologischen Erinnerungsorte auch als Buch?

Aus dem Projekt ist ein Aufsatzband entstanden, der zum Umweltbuch des Jahres 2014 gekürt wurde. Das ist allerdings kein "Spin-Off", sondern ein eigenständiges Projekt. Internet und Buch haben ihre jeweils eigenen Möglichkeiten, und beide Projekte haben sich wechselseitig befruchtet. So enthält der Aufsatzband auch einen Erfahrungsbericht über die Arbeit an dieser Website.

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Wie geht es nach dem Abschluss dieses Online-Projekts weiter?

Mit dem Auslaufen der finanziellen Förderung endete die Entwicklung dieser Website im Herbst 2014, so dass keine neuen Beiträge mehr geschrieben und online gestellt werden. Frank Uekötter arbeitet jedoch weiter zum Thema und wird darüber von Zeit zu Zeit im Erinnerungsorte-Blog berichten.

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